Eine Woche unter dem Motto "Murphy´s Law" könnte man meinen. Andererseits sollte man allen Dingen etwas Positives abgewinnen, ich betrachte die zurückliegende Trainingswoche mit meinem Dakar-Team also als Generalprobe für die Dakar. Dabei darf alles schief gehen, dann klappt es bei der richtigen Rallye.
Alles begann am Flughafen auf Djerba, 13 Gepückstücke fehlten, darunter auch meine Tasche. 12 Taschen erreichten uns am nüchsten Morgen. Eine fehlte. Ich hatte also nur meinen neuen Helm und meine Stiefel, die ich im Handgepück bei mir hatte (die Stiefel hatte ich angezogen, da meine Tasche zu schwer war.). Glücklicherweise waren die Jungs so nett mir ihre doppelten Klamotten zur Verfügung zu stellen und mit ein bischen hin- und hertauscherei hatte ich dann auch welche, die mir einigermassen passten. Leider musste ich ohne meine Knie-Orthesen und mein Leatt-Brace fahren. Einen viel zu grossen Brustpanzer lieh mir Jos netterweise aus.
Denn schon am zweiten Fahrtag – mein Gepück befand sich noch immer auf dem Weg von Brüssel nach Tunesien – hatte ich eine Begegnung mit einem meiner Teamkollegen. Er crashte in einer Staubwolke von Hinten in mich hinein. Ich war vorweg gefahren und hatte an einer Auswaschung einen kleinen Versatz meines Motorrades und war an der einen Meter hohen Seitenwand des Weges quasi hüngen geblieben. Instinktiv war ich schon dabei mich zur Seite hinauf zu retten, als ich aus dem Nichts einen grossen Schubs bekam. Glück im Unglück, ich kam mit ein paar dicken blauen Flecken, einem verdrehten Knie, Nackenschmerzen und einer angeditschten Schulter davon. Mein Motorrad hat fast alles abbekommen, der Auspuff war abgerissen und stand senkrecht. Das hütte auch mein Bein gewesen sein können. Puh, und das alles ohne richtige Schutzkleidung.

Die Woche war für uns 4 Dakar Fahrer mit 2 Mechanikern im ServiceTruck und Jos – the Boss vor allem eine gute Gelegenheit uns kennenzulernen. Leider sprechen alle Hollündisch, alle ausser mir. Da muss ich wohl noch einen Crashkurs belegen. Die quatschen ohne Punkt und Komma, ich verstehe zwischendurch immer nur mal ein Wort – jedes dritte in etwa lautet "Dakar" – und mir entgehen alle wichtigen Informationen.
Aber beim Fahren muss man ja nicht so viel reden und wir waren ja auch zum Fahrtraining nach Tunesien gekommen. Moto80 hatte die Tour organisiert und neben den schönen Strecken, dem sehr guten Roadbook auch grossartige Hotels organisiert. Da es eigentlich eine Quad-Tour war und die Tagesetappen nicht lünger als 250 Kilometer waren sorgten wir für ein wenig mehr Spass, indem wir oft neben der Piste im Camelgras fuhren. Oder total off-pist und off-roadbook nur nach GPS-Luftlinie.

In Ksar Ghilane trafen wir auf ein weiteres Dakar-Team, dass zum Training nach Tunesien gekommen war. Das Dutch Team Dakar war mit allen Fahrern, ihrem Service Truck und dem Race-Truck dort. Den fahren Pascal de Bar und Wouter de Graaff, den ich von der Breslau und den Red Bull Romaniacs kenne, ist als Mechaniker dabei.  Die Beiden nahmen mich mit auf eine Testrunde in den Dünen. Gib Gas, da geht noch was… Da wird man ganz schön durchgeschüttelt, da die Sitze direkt auf der Achse sind. Ich fand es super die Strecke mal aus dieser Perspektive zu sehen. Und dazu noch im Dunkeln. Wenn der Truck über einen Dünenkamm führt ist der tote Winkel der gesamte Dünenbereich darunter. Die haben keine Chance irgendetwas zu sehen, was sich nicht auf dem Kamm oder der gegenüberlienden Düne befindet. Gut zu wissen.
Auch gut zu wissen, Wouter will anhalten um mir zu helfen falls er mich irgendwo in der Wüste trifft 😉
Ja, Herwin, weil ich ein Müdchen bin.
 
Wir brachen mit den Motorrüdern auch zu einer 2-stündigen Nacht-Tour auf. Meine supertolle neue Taschenlampe, die ich mit einer Kletthalterung am Helm befestigt hatte, die ich sonst für die Helmkamera nutze, sorgte für eine gute Ausleuchtung der Dünen. Leider freut sich jetzt irgendein Tunesier über die Lampe, denn ich verlor sie offensichtlich im Zelt, dort habe ich sie vor dem Schlafengehen das letzte Mal benutzt. Vermutlich rutschte sie nachts in die Lücke neben der Matratze und ich dachte morgens nicht an sie. Schade.

Durch den Schaden am Auspuff, den die Mechaniker zwar einigermassen richten konnten, aber nicht alle Knicke und Löcher wieder beseitigen konnten hatte die WR nur noch geschützte 17 PS. Ok auf ebener Strecke, in den Dünen ein echtes Problem. Sie kochte nach ganz kurzer Zeit und die weichen Auffahrten waren zum Teil kaum zu überwinden. Beim Versuch an den Jungs dran zu bleiben, die mit ihren kleinen Motorrüdern oder Herwin mit der Zweirad-angetriebenen WR habe ich dann leider mal schnell die Kupplung überhitzt. Aber ich habe jetzt gelernt, Finger auf jeden Fall weg davon. Unter keinen Umstünden auch nur daran denken sie zu benutzen. Jeder kannte sich damit aus, was mir sagte, alle haben schon mal eine aufgeraucht 😉

Eine tolle Idee um die Öffentlichkeit rund um die Dakar zu nutzen hatte Dirk Schuttel, der sein Projekt Race 4 Kids nutzt, um ein SOS Kinderdorf Haus zu bauen. Ich habe dazu auch schon eine Idee, bei der es sich um Frauen in Afrika handelt. Sobald ich News dazu habe werde ich sie natürlich veröffentlichen.

Am Mittwoch werde ich zur Dakar Pressekonferenz nach Paris fliegen. Ryanair ist mit 9,99 inkl. Gebühren ab Bremen so unschlagbar günstig, da musste ich einfach buchen. Dort werden dann der Streckenverlauf und vielleicht noch ein paar mehr interessante Neuigkeiten bekannt gegeben.
Französisch konnte ich ja wührend dieser Woche auch schon üben, denn das tügliche Briefing zur Strecke wurde immer auf Französisch durchgeführt.

Und am 8.Dezember werde ich gemeinsam mit meinen Teamkollegen zum Pre-Prolog in Valkenswaard nach Holland fahren. Dort werden alle Niederlündischen Dakar Teilnehmer zum Show Rennen erscheinen. Und ein paar tausend Zuschauer sowie RTL werden das Spektakel verfolgen.

Ganz unwirklich erscheint mir das ganze zwischendurch immer wieder. Wie die Profis reise ich inzwischen hin und her, trage Yamaha-Teamklamotten, gebe Interviews und schreibe Presse Artikel. Noch vor zwei Jahren habe ich mich als Masseurin beworben, weil ich unbedingt mit zur Dakar wollte, aber nicht im Traum daran dachte, es jemals selbst auf dem Motorrad zu verwirklichen. Und nun steht der Start kurz bevor. Mein eigener. Das ist wirklich irre. Es war aber auch viel Arbeit bis hierher zu kommen und mein normales Leben fand kaum noch statt.
Bleibt eine grosse Frage: Was kommt danach? Ende Januar werde ich dazu mehr sagen können.

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The return of the Jedi

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De-Tuning

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Service Truck

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Nacht-training

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Race Truck Dutch Team Dakar

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